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4. Diskussion

Die vorgestellten Exuvienfundorte vom Mai 1999 gelten sowohl für das Saarland als auch für Luxemburg als erste Fortpflanzungsnachweise. Wie in der Einleitung bereits dargestellt, lagen Imago-Beobachtungen jeweils schon für vorhergehende Jahre vor.

In Verbindung mit dem im Maximum etwa 40 Jahre erreichenden, relativ geringen Alter der Gewässer muß von einer ev. sogar sehr jungen Besiedlung der beiden Weihergebiete ausgegangen werden. Wann diese erfolgte, läßt sich nicht näher rekonstruieren. Eine Besiedlung insbesondere des reicher strukturierten Gebietes in Remich vor den ersten Funden aus 1996 kann nicht gänzlich ausgeschlossen werden.
 

Tabelle 3: Libellen-Artenliste an den caudalis-Fundorten im Moseltal
I = Imago, x = Reproduktionshinweis (Kopula, Eiablage, Juvenile)
xx = Reproduktionsnachweis (Exuvie)

Wiss. Bezeichnung

Deutscher Artname

Nennig Weiher -Nr. 16

Nennig Weiher -Nr. 9

Nennig Weiher -Nr. 21

Remich Weiher -Nr. 5

Remich Weiher -Nr. 20

Remich Weiher -Nr. 26

Remich Weiher -Nr. 27

Remich Weiher -Nr. 3

Remich Weiher -Nr. 36

Platycnemis pennipes

Federlibelle

I, X

I, XX

I,XX

I, X

I, X

I, X

I, X

I, X

I, X

Sympecma fusca

Gem. Winterlibelle

I

XX

             

Lestes viridis

Gem. Binsenjungfer

I

I

I, X

           

Lestes sponsa

Große Binsenjungfer

I

               

Ischnura elegans

Gem. Pechlibelle

I, X

I

I, X

I, X

I, X

I

I, X

I, X

I

Cercion lindenii

Pokalazurjungfer

I, X

I

I, X

I, X

I, X

 

I

I

I

Enallagma cyathigerum

Becherazurjungfer

I, X

 

I

I

I, X

I, X

I, X

I

I

Coenagrion puella

Hufeisenazurjungfer

I, X

I

I, X

I

I

 

I, X

I

 

Coenagrion pulchellum

Fledermaus-Azurjungfe r

I

               

Phyrrosoma nymphula

Frühe Adonislibelle

I

   

I

   

I

   

Erythromma najas

Großes Granatauge

I, X

I

I, X

I

I

I, X

I

I

I, XX

Erythromma viridulum

Kleines Granatauge

I, X

I

I

I

I, X

I, X

I,

I, X

I

Anax imperator

Große Königslibelle

I, XX

I

I, X

I, XX

I, X

I, X

I, X

I

I

Anax parthenope

Kleine Königslibelle

         

I

I

I, X

I

Aeshna mixta

Herbst-Mosaikjungfer

I, X

I

I

 

I

   

I

 

Aeshna cyanea

Blaugr.Mosaikjungfer

I

I

         

I

 

Aeshna grandis

Braune Mosaikjungfer

I

I

I

I, X

I

 

I,X

I, X

I

Anaciaeschna isosceles

Keilflecklibelle

     

I

I

 

I

I

I

Brachytron pratense

Kleine Mosaikjungfer

I

 

I

XX

XX

I, XX

I

 

I

Gomphus vulgatissimus

Gemeine Keiljungfer

 

I

         

I

 

Gomphus pulchellus

Westliche Keiljungfer

I, XX

I

I

I, XX

I, XX

 

I

 

I, X

Cordulia aenea

Gem. Smaragdlibelle

I, XX

I

I, XX

I, XX

I, XX

I, XX

I, XX

 

I

Somatochlora metallica

Glänz. Smaragdlibelle

I

I

I

I

I

       

Epitheca bimaculata

Zweifleck

X

I

I, X

I

I

X

-

(I)

-

Libellula depressa

Plattbauch

I

 

I

           

Libellula fulva

Spitzenfleck

I

 

I

I

 

I

 

I

 

Lib. quadrimaculata

Vierfleck

I, X

 

I

I

I

I

I

I

I

Orthetrum cancellatum

Großer Blaupfeil

I

I, X

I, X

I, X

I, XX

I

I

I, X

I

Sympetrum sanguineum

Blutrote Heidelibelle

XX

I

I, X

I

 

I

   

I

Sympetrum vulgatum

Gemeine Heidelibelle

I

               

Sympetrum striolatum

Große Heidelibelle

I, X

I

I, X

I

I

I, X

I, X

I, X

I,X

Crocothemis erythraea

Feuerlibelle

I, XX

I

I, X

I, X

I

I

I, X

I

I

Leucorrhinia caudalis

Zierliche Moosjungfer

I, XX

I

I

I, XX

I

I, X

I

I

I

Gesamtartenanzahl

33

30

22

24

20

18

17

19

21

19

davon mit Reproduktionsnach-/- hinweis

23

17

3

13

10

10

10

9

7

4


Möglicherweise profitiert die Art, ähnlich wie es für Epitheca bimaculata regional diskutiert werden kann, von der Anlage neuer Ausgrabungsgewässer in den größeren Flußauen, wenn diese geeignete Habitatstrukturen entwickeln können. Die Gewässerlandschaften im französischen Moseltal bei Thionville und Metz (20 bis 45 km südwestlich) könnten theoretisch für einen Zuflug oder auch als Trittsteinbiotop in Frage kommen, erscheinen bei oberflächlicher Betrachtung der Strukturausstattung (Proess, pers. Mitt.) aber eher als ungeeignet. Stichprobenartige Kontrollen an etwa 15 Teichen und Weihern nordöstlich Thionville, bei Cattenom und Königsmacker ergaben mit einer Ausnahme eine fehlende bzw. eher geringe Eignung als Fortpflanzungsgewässer für L. caudalis. Es muß aber damit gerechnet werden, daß in der stillgewässerreichen Moselaue (gemäß Karten weit über 200 Gewässer!) bei Thionville und Metz auch einige an Wasserpflanzen reich strukturierte, für L. caudalis geeignete Teiche und Weiher vorkommen. Die Ableitung einer eigenständigen Metapopulation im größeren Raum macht daher mit dem gegenwärtigen Kenntnisstand vorerst gewisse Schwierigkeiten, denn individuenreiche Vorkommen sind erst wieder aus einer Entfernung von etwa 150km bei Karlsruhe und Straßburg bekannt. Weitere Nachweise aus den Nordvogesen bzw. bei Nancy (DOMMANGET 1994) liegen in einer Entfernung von grob 100km. Der Fundort von PROESS (1998) nordwestlich von Luxemburg-Stadt liegt etwa 25km entfernt. Möglicherweise war bzw. ist die Art auch bereits im Mittleren Saartal (30km Entfernung) aufgetaucht. So ist z.B. ein Epitheca-Fundort bei Rehlingen mit seinem üppigen Myriophyllum-Bestand allem Anschein nach auch sehr gut für L. caudalis als Brutgewässer geeignet. In diesem Zusammenhang sind noch zwei unsichere, sehr kurze Beobachtungen dieser Art vom Altarm Beckingen, datiert auf den 29.05.97 - 13:38Uhr sowie den 09.06.97 - 11:00Uhr, zu erwähnen.

Die wichtigsten Merkmale von caudalis-Gewässern, wie sie MAUERSBERGER & HEINRICH (1993) bzw. MAUERSBERGER & MAUERSBERGER (1996) beschreiben, sind:

a) die Gewässer bzw. besiedelte Buchten sind flach oder seicht (maximale Tiefe = 0,8 bis 3,8m) und windgeschützt,

b) die Fundorte zeigen eine recht hohe Wassertransparenz,

c) alkalisches Wasser als Voraussetzung für die benötigten Vegetationsstrukturen,

d) dichte Submersvegetation (Chara, Myriophyllum, Ceratophyllum), die stellenweise die Wasseroberfläche erreicht, lockere Schwimmblattrasen und Wasser- oder Schwingröhrichte, weiche Sedimente,

e) Zoozönose: typische Fischfauna des Hecht-Schlei-Sees oder ähnliche Konstellationen; neben zwei weiteren Leucorrhinia -Arten kommen weit verbreitete Arten vor, die vom Vorhandensein von oberflächennahen Submersstrukturen profitieren, wie das Kleine Granatauge (Erythromma viridulum) und die Große Königslibelle (Anax imperator ) vor.

Allen Fundorten im Moseltal ist die für hiesige Verhältnisse relativ hohe Wassertransparenz sowie die gute Ausstattung mit Tauchblattpflanzen gemeinsam. Gewässer Nr.16 in Nennig ist außerdem durch eine ausgeprägte Schwimmblattzone mit Nuphar lutea gekennzeichnet. Die submerse Vegetation setzt sich häufig aus dem Ährigen Tausendblatt (Myriophyllum spicatum) zusammen, das säulenartig vom Boden bis an die Oberfläche wächst. An Weiher 9 (Nennig) und vor allem Nr. 5 (Remich) baut der Spreizende Wasserhahnenfuß (Ranunculus circinatus) physiognomisch ähnliche Bestände auf wie das Ährige Tausendblatt. Das Rauhe Hornblatt (Ceratophyllum demersum) bildet in zwei Fällen Schwebematten im Wasser. Gewässer Nr. 16 ist in steil abfallende Uferpartien eingebettet und genießt so wohl in Verbindung mit den locker vorhandenen Ufergehölzen einen gewissen Windschutz. Gewässer Nr. 9 wird größtenteils von Ufergehölzen eingerahmt, die ebenfalls für thermisch günstige Bedingungen sorgen. Hingegen ist Weiher 3 in Remich durch die Größe und jungen Umgestaltungsmaßnahmen windoffen, die Nachweise gelange hier jedoch in einer kleinen windgeschützten Bucht mit geringen Tiefen.

Eine unmittelbare Waldnähe ist möglicherweise nicht unbedingt nötig; allerdings finden sich im näheren Umfeld der Fundorte Gehölzbestände bzw. waldähnliche Gehölzstrukturen. Gleiches gilt für Ufergehölze. Diese sind zwar meist vorhanden, in mehreren Fällen kommen sie jedoch nur in Einzelexemplaren vor.

Insgesamt gleichen die beiden Gewässer des Kiesweihergebietes bei Nennig den Gewässertypen, die MAUERSBERGER & HEINRICH (1993) sowie SCHIEL et al. (1997) bei ihren Untersuchungen beschreiben.

In beiden untersuchten Weihergebieten gibt es weitere Gewässer mit ähnlichen Strukturen, Wasserpflanzenausstattung und Ufergestaltung, an denen trotz gezielter Suche bisher kein Fund der Zierlichen Moosjungfer gelang. Die Gründe hierfür sind noch unklar. Im Saarland sind wie auch im Weihergebiet bei Nennig Gewässer mit größerer Sichttiefe und mehrschichtigen Wasserpflanzenbeständen sehr selten. Aufgrund der besseren Strukturausstattung mit Submersvegetation und der höheren Anzahl von Fundorten wird angenommen, daß die Art v.a. im Weihergebiet auf luxemburger Seite mehrere geeignete Brutgewässer besitzt.

Weitere Untersuchungen zur Klärung der Verbreitung und Vorkommen der Art in der größeren Region sind daher notwendig. Da Leucorrhinia caudalis nach der Richtlinie 92/43 EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zu den in Europa streng zu schützenden Tierarten von gemeinschaftlichem Interesse gehört, sind geeignete Schutzmaßnahmen nötig.

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TROCKUR, B. (in Vorb.): Untersuchungen zur Biologie und Ökologie von Epitheca bimaculata (Charpentier, 1825).

Danksagung:
Für Literatur- bzw. sonstige Hinweise sei an dieser Stelle gedankt: Franz-Josef Schiel, Dr. Rüdiger Mauersberger, Martin Schorr, Roland Proess, Dr. Klaus Sternberg und Steffen Caspari. Franz-Rudolf Weber danken wir für die Übermittlung seiner Funddaten.

Anschriften der Autoren:
Bernd Trockur, Schulstr. 4, 66636 Tholey-Scheuern
Dr. Axel Didion, Am Ohligberg 12, 66424 Homburg-Schwarzenacker

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